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Orte der Erinnerung
Das Publikum im Schikaneder Kino war nach dem Film deutlich mitgenommen, und auch Thomas Weiss vom Romano Centro und Wolfgang Zinggl, Minderheitensprecher der Grünen, drückten aus, wie sehr der Film sie berührt hatte.
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Es ist definitiv kein Unterhaltungsprogramm: vier Opfer des Nationalsozialismus, zwei Jüdinnen, eine Kärntner Slowenin und ein Burgenländischer Rom, erzählen von ihren Erlebnissen - Deportationen, Lager; Kindertransporte, Exil, Auslöschung der Familie, Zeugen von Grausamkeit bis zum Mord zu werden - das alles haben sie als Kinder erlebt, alles das hat sie und ihre Familien geprägt. Und es kommen die Enkelinnen zu Wort, drei junge Frauen, die sich - auch - wegen der Familiengeschichte für eine bessere, gerechtere Welt einsetzen, die mit Jugendlichen arbeiten, Wissen und Empowerment vermitteln und gemeinsam mit der Großelterngeneration daran arbeiten, das Schweigen zu durchbrechen. Die Stummheit aus Scham oder Angst oder Schmerz ist es, die die Traumatisierung über Generationen weiter wirken lässt. Das Sprechen macht die Traumata bearbeitbar, und kann dazu beitragen, dass die nächste Generation nicht mehr an den Erfahrung der Großeltern leiden muss.
In der Diskussion wurde auch nach den Mechanismen gefragt, wie denn Menschen derart verrohen können, dass die andere Menschen nicht mehr als gleich oder gleichwertig betrachten. Hier der versprochene Nachtrag, das Kunstprojekt in Berlin: Das Projekt heißt "Orte der Erinnerung" und wurde im Bayerischen Viertel in Berlin vom Künstlerduo Renate Stih und Frieder Schnock umgesetzt. Auf ihrer Website http://www.stih-schnock.de/remembrance.html schreiben sie:
Orte des Erinnerns ist ein dezentralisiertes Denkmal im Bayerischen Viertel im Berliner Bezirk Schöneberg, das 1993 eingeweiht wurde. 80 markante Schilder sind an Lampenmasten montiert, auf der einen Seite mit bunten Darstellungen versehen, auf der anderen mit anti-jüdischen Gesetzen und Verordnungen von 1933 bis 1945 in schwarz/weiß bedruckt. Die Texte und Bilder auf den Tafeln konfrontieren die Passanten mit der fast vergessenen Geschichte dieses Viertels, wo Albert Einstein und Hannah Arendt einst lebten. Verteilt über das ganze Viertel wird das Denkmal zur Metapher für die täglichen Entbehrungen und die Entrechtung von Juden während der Nazi Zeit.

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Neben einer Stadtkarte mit den Postitionen der Tafeln und Fotos enthält die Seite auch eine Sammlung an Essays zum Projekt.
Grundlegende Informationen hält auch Wikipedia bereit: http://de.wikipedia.org/wiki/Orte_des_Erinnerns_%28Bayerisches_Viertel%29
Die Gewöhnung an das Grauen fand schrittweise statt - einmal ein Stückchen, und dann wieder mal ein Stück, wurden damals den jüdischen MitbewohnerInnen Rechte, Menschlichkeit und Würde aberkannt, sodass es sich für die TäterInnen und tatenlosen ZuseherInnen fast ganz normal anfühlte. Der antisemitische Boden, auf dem das geschah, machte es zudem leichter.
"Das waren keine Menschen" sagt Peter Handke im Film. Es nimmt die TäterInnen wohl zu sehr aus der Verantwortung, sie als Nichtmenschen zu bezeichnen, denn sie sind für ihr Tun verantwortlich und verantwortlich zu machen. In der Definition von Menschlichkeit als erworbene Qualität, als Empathie, als Würdigung des Gegenüber haben sie diese jedoch wirklich verspielt. Nur: was wird ein späterer Handke über die EuropäerInnen sagen, die 2014 zusehen, wie Menschen im Mittelmeer ertrinken? Die Geschichte hat nicht ausgedient.