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Bienen erobern die Stadt
Von Bernhard Steinmaurer
Auf dem Dach des neuen Musiktheaters summt und schwirrt es. Drei Bienenstöcke beleben seit Anfang des Jahres eine der höheren Ebenen des Kulturbaus. Claudia Pfeifer aus Unterweitersdorf ist gerade dabei das Futter in die Holzkisten einzufüllen. Reines Zuckerwasser oder eine spezielle Flüssigkeit geben den Bienen jetzt im Herbst reichlich Nahrung, um ihr Heim winterfest zu machen.
Vor Jahrzehnten war es auch im Linzer Stadtgebiet noch üblich, Bienen zu halten. Dann aber wurden die Imker weniger und die Honigbiene war kaum mehr zu finden. Auch am Land verlor die Imkerei fast eine ganze Generation. Erst seit ein paar Jahren verzeichnet der Landesimkereiverband wieder regen Zulauf.
Die „LinzerBiene“
Ob im Botanischen Garten, auf dem Neuen Rathaus, auf dem Mariendom oder am Brucknerhaus – an zahlreichen Stellen haben Imker in Linz mittlerweile ihre Bienenvölker angesiedelt. Das ist ökologisch sinnvoll – immerhin leisten die Bienen einen unverzichtbaren Beitrag zur Bestäubung der Pflanzen – andererseits gilt der Stadthonig als besonders geschmackvoll. Das geht auf die Verschiedenartigkeit der Pflanzen zurück, die die Bienen in der Stadt finden.
„Jeder Honig in der Stadt schmeckt anders“, sagt Katja Hintersteiner, Gründerin der Vereinigung „LinzerBiene“. „Der Honig vom Ars Electronica Center unterscheidet sich deutlich von jenem am Mariendom, der vom Musiktheater wiederum von jenem am Brucknerhaus. Die Ökologin ist eine Pionierin unter den neuen Stadtimkern. Ihr Ziel ist nicht nur die Honiggewinnung, sondern auch der ökologische Aspekt einer von Bienen bevölkerten Umwelt.
Hintersteiner hält Vorträge und bietet über die VHS in Linz Kurse an. Dort erhalten angehende Stadtimker sowohl theoretisches als auch praktisches Know-how. Der Erfolg gibt Hintersteiner Recht. Die nächsten Kurse sind jetzt schon ausgebucht.
Stadtbienen waren ertragreicher
Claudia Pfeifer hat am Musiktheater mittlerweile ihren Kopfschutz abgelegt. „Die Bienen sind heute kaum aggressiv“, sagt sie. Gemächlich fliegen ein paar der Insekten unter monotonem Surren am Vorderausgang der Stöcke aus und ein. Was denn der Unterschied zwischen ihren Bienenvölkern am Land und jenen in der Stadt sei? „Am Land gab es in diesem honigarmen Jahr praktisch gar keinen Honig, hier in der Stadt schon“, sagt Pfeifer. Den Bienen geht es hier also gut.
Nahrung finden die Honigbienen auch im verbauten Gebiet genug. Vom Musiktheater holen sie den Nektar vom Barbara-Friedhof oder vom Volksgarten, anderswo nutzen sie die vielen Grünanlagen, Innenhöfe oder Balkon- und Dachgartenpflanzen.
Honigbiene und Kultur
Pfeifer ist eine Ideengeberin der Initiative „Dachmarke“, die auf den Linzer Kulturhäusern Bienenvölker ansiedelt und den gewonnenen Honig vermarktet. Bei einer Reise hatte sie festgestellt, dass auf der Pariser Oper Bienenstöcke betreut werden. Das wollte sie in Linz auch verwirklichen und dachte natürlich sofort an das neue Musiktheater. Mittlerweile werden drei Standorte von jeweils einem Stadtimker betreut und es sollen noch mehr werden.
Das Futter ist verteilt, die Deckel der Bienenstöcke wieder geschlossen. Jetzt verirren sich ein paar der Bienen in die Haare von Imkerin Pfeifer. Sie verscheucht sie mit der Hand, muss dabei aber einen Stich in den Nacken hinnehmen. „Jetzt wäre es an der Zeit zu gehen“, sagt sie. Die Bienen am Dach des Musiktheaters haben
wieder Ruhe.
- geeigneter Lebensraum durch viele Pflanzen
- vielfältige Nahrung, da keine Monokulturenkeine
- schädlichen Pestizide und chemische Pflanzenschutzmittel
- hochwertiger Honig durch Vielfältigkeit der Pflanzen