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TTIP-Kritik aus den USA
Von?Elke Mayerhofer
Seit Juli 2013 dauern bereits die Verhandlungen für ein Transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP) zwischen den USA und der EU an. Während Unternehmen direkt in die Verhandlungen mit einbezogen sind und ihre Wünsche formulieren können, sind die BürgerInnen außen vor. Denn verhandelt wird im Geheimen.
Einige Themen, über die in den TTIP-Verhandlungen gesprochen wird, sind mittlerweile dennoch an die Öffentlichkeit gelangt und dort auf heftige Kritik gestoßen. Denn wie sich zeigt, sollen durch das Abkommen vor allem nicht-tarifäre Handelshemmnisse abgebaut werden. „Es geht um beziehungsweise gegen gesetzliche Auflagen für Finanzgeschäfte, gegen Klimaschutzmaßnahmen, gegen Standards der Lebensmittel- und Produktsicherheit“, fasst Lori Wallach von der US-KonsumentInnenschutz-Initiative Public Citizen die Hauptzielpunkte des TTIP zusammen.
Doch nicht nur Europas BürgerInnen sind skeptisch, was durch dieses Abkommen auf sie zukommen könnte. Auch in den USA nimmt man für die Versprechungen von Wirtschaftswachstum und neuen Jobs nicht alles stillschweigend in Kauf. Dabei gibt es eine Reihe von Themen, die auch die Gemüter der US-BürgerInnen besonders erhitzen.
Beispiel Investor-Staat-Klagen
Diese werden auch in den USA sehr kritisch gesehen. Denn einerseits wird die in den jeweiligen Ländern gut funktionierende Judikative durch Schiedsgerichtsverfahren ausgehebelt. Andererseits können Staaten zu Schadensersatzzahlungen verurteilt werden für entgangene Unternehmensgewinne, falls sich durch gesetzliche Regelungen die Bedingungen für eine Firma grundlegend verändert haben. Das bedeutet für Staaten, dass sie im Fall einer Verurteilung private Unternehmensgewinne mit Steuergeldern kompensieren müssten. Gleichzeitig wird dadurch auch der Staat in seiner Gesetzgeberfunktion beschnitten, denn die verantwortlichen ParlamentarierInnen werden sich künftig gut überlegen, ob sie beispielsweise einer Neuregelung des Umweltschutzgesetzes zustimmen, wenn die Gefahr im Raum steht im Handumdrehen von Konzernen deshalb verklagt zu werden.
Dass diese Sorge nicht übertrieben ist, belegen zahlreiche Beispiele. So verklagte beispielsweise die Firma Lone Pine den Staat Kanada, weil die Regierung Québecs ein Fracking-Moratorium erlassen hat, da ernsthafte Bedenken für Umwelt und Gesundheit bestehen.
Beispiel Milchproduktion
Ein anderes Sorgenfeld in den USA sind die Standards zur Milchproduktion. In den USA gibt es zwei Kategorien von Milch: „Grade A“, welche für den Verkauf in Supermärkten bestimmt ist und „Grade B“, welche zur Weiterverarbeitung, zum Beispiel für Käse oder Butter, verwendet wird. Hintergrund dieser Regelung sind gesundheitspolitische Überlegungen.
Die EU-MilcherzeugerInnen beschreiben diesen Klassifizierungsprozess jedoch als sehr aufwendig und kostenintensiv und wollen ihn deshalb mithilfe des TTIPs reduzieren.
Wie weiter?
Diese beiden Beispiele machen eines deutlich: sowohl in den USA als auch in der EU gibt es massive Bestrebungen erlassene Standards zum Schutz von KonsumentInnen und zum Schutz der Umwelt im Interesse der Konzerne zu reduzieren. Das Allgemeininteresse wird somit zum Bauernopfer für das Gewinnstreben Einzelner.
Dass sich gegen TTIP auf beiden Seiten des Atlantiks mittlerweile breiter Widerstand formiert, ist gut und wichtig. Doch im Schatten der TTIP-Verhandlungen laufen auch Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen mit Kanada, das sogenannte CETA-Abkommen. Sollte TTIP scheitern, ereilen die EuropäerInnen seine Auswirkungen auf indirektem Weg. Denn inhaltlich unterscheiden sich TTIP und CETA kaum.
Es gilt also weiterhin wachsam zu bleiben und laut und deutlich zu artikulieren, was wir, die Bürgerinnen und Bürger dieser EU, wollen und was nicht.
Webtipps:
US-VerbraucherInnenschutzorganisation Free Citizen:
www.citizen.org/tafta
Green European Foundation: www.gef.eu/event-report/eu-trade-policy-analysing-the-impact-of-ttip-1/
Lori Wallach (Free Citizen) in Le Monde Diplomatique:
www.monde-diplomatique.de/pm/2013/11/08.mondeText1.artikel,a0003.idx,0
EU-Kommission:
ec.europa.eu/trade/policy/in-focus/ttip/about-ttip/
Broschüre von Ska Keller:
ska-keller.de