Die Macht der Worte
George Lakoff ist Professor für kognitive Linguistik an der UC Berkeley in Kalifornien. Bekannt wurde er insbesondere durch seine Arbeit zu metaphorischen Konzepten: Sprache und Denken passieren keineswegs rein rational, sondern sind stark von Metaphern geprägt. Diese gestalten unsere Gedanken nicht nur lebendiger, sie erschaffen kognitive, physische Strukturen im Gehirn, die sich wiederum auf Wahrnehmung und Verständnis auswirken.
„Dünnes Eis“
Lakoffs These besagt, dass unser Denken zum überwiegenden Teil unbewusst stattfindet, unser Verstand stark von Gefühlen geleitet wird und somit „Rationalität“ immer auch gleichzeitig emotional ist. Das menschliche Gehirn erzeugt durch Sprache Wirklichkeit, für Lakoff ermöglichen erst Empathie, sowie auf Erlebnisse und Beobachtungen basierende Emotionen die Verbindung und Kommunikation mit anderen Menschen. Als Beschreibung unseres „abstrakten“ Denkens helfen uns Metaphern, beim Kommunizieren das beabsichtigte „Bild“ in unserem Gegenüber zu erzeugen und eine entsprechende Reaktion hervorruft.
Letztendlich erzeugen aber die meisten Worte ein Bild (z.B. „der Baum“), ab wann genau von einer Metapher gesprochen werden kann, ist nicht einfach auszumachen. Ich würde mich auf sehr dünnes Eis begeben, versuche also hier nicht mehr, den Begriff weiter zu konkretisieren - mehr dazu auf Youtube (siehe Link am Ende).
„Wenn Konservative die Sprache kontrollieren, kontrollieren sie das Denken der Menschen.“
Zurück zu Lakoff. Wenn sie „konzeptuell“ funktionieren, beschreiben Metaphern noch viel mehr. Assoziationen sind in ganze Weltbilder, Diskurse und Deutungsrahmen eingebettet, sie aktivieren wieder Emotionen, tragen aber auch bestimmte Werte mit sich. Zum Beispiel: „Steuerersenkung“.
Eine Metapher mit positiver Konnotation, die Senkung ist eine Erleichterung – die aber impliziert, dass Steuern etwas grundsätzlich Schlechtes, eine Belastung sind, und es sich in einer „Steueroase“ besser leben würde. Würde es das wirklich? „Staatsausgaben“ als Metapher ist hingegen eher negativ behaftet – Steuergeld wird großzügig „verschwendet“, wenn es etwa in den Bau von Schulen oder Ubahn-Linien fließt. Dafür gibt die Politik viel zu viel aus, und positive Auswirkungen für die SteuerzahlerInnen sind kaum bis gar nicht auszumachen.
Als Kognitivwissenschaftler wendet sich Lakoff seit Mitte der 1990er der (amerikanischen) Politik zu. In mehreren Büchern rund um das Thema „Moral Politics“ vergleicht er konservative und progressive Weltanschauungen und deren innewohnenden moralischen Konzepte – metaphorisch, der „strenge Vater“ und die „fürsorglichen Eltern“. In seinen Augen haben Konservative Metaphern bewusst und mit viel Geschick geschaffen und eingesetzt. Im Unterschied dazu haben Progressive eine weniger metaphorische, explizitere Sprache angewendet. Dadurch, so Lakoff, stehen sie heute vor dem Problem, dass sie sowohl im Alltag wie auch im politischen Diskurs die Metaphern der Konservativen übernommen haben, diese anwenden, und so aber eigentlich der Gegenseite in die Hände spielen.
Die Grüne Sommerakademie 2015 findet heuer von 28.-30. August im Schloss Goldegg in Salzburg statt, wo wir uns mit genau diesem Thema befassen werden.
Wer gerne jetzt schon weiterlesen möchte, hier einige Buchtipps:
Leben in Metaphern: Konstruktion und Gebrauch von Sprachbildern
Auf leisen Sohlen ins Gehirn: Politische Sprache und ihre heimliche Macht
Don't Think of an Elephant: Know Your Values and Frame the Debate
The Little Blue Book: The Essential Guide to Thinking and Talking Democratic
Der Autor Sebastian Linder studiert "Socio-Ecological Economics & Policy" (SEEP) an der Wirtschaftsuniversität Wien und ist Praktikant der GBW.