Fracking - „dann ist das Gas aus...“ Wie viel lagert noch unter der Erde?
Ein goldenes Zeitalter für Erdgas?
Dank neuer Technologien wurde die Erschließung von unkonventionellem Erdgas und –öl möglich und eröffnet somit den Zugang zu neuen fossilen Energiequellen. Die Aussicht auf viel mehr fossiler Energie als bisher angenommen hat zu einem regelrechten Frackingboom geführt. Die Euphorie ist groß und auf der ganzen Welt wird auf billiges Erdgas für die nächsten Jahrzehnte gehofft. Hatten die Stimmen, die vor einem Ende der fossilen Energie warnten, also Unrecht?
Überschätzung der Vorkommen
Im jährlich erscheinenden Energy Outlook der US-amerikanischen Energiebehörde (EIA) lagen die Schätzungen für Erdgasressourcen in den USA 2010 noch bei fast 25 Billionen m³, mussten jedoch bereits im darauf folgendem Jahr auf knappe 15 Billionen m³ herabgesetzt werden.[1] 2013 erfolgte ein weitere Reduktion um 30%.[2] Auch in Polen mussten die ersten Einschätzungen der EIA von ca. 5,3 Billionen m³ nach neuen Berechnungen des Polnischen Geologieinstituts und der US-amerikanischen Geologiebehörde um 30% reduziert werden.
Noch härter traf es die Niederlande: Das Forschungsinstitut TNO schätze die dortigen Reserven in einer Studie von 2009 auf 5,6 Billionen m³. Unabhängige ExpertInnen kamen aber nur auf 10 bis 20 Milliarden m³.[3] Angaben über geschätzte Gasvorkommen sind also stets mit Vorsicht zu genießen.
Für präzisere Schätzungen braucht es zumindest Probebohrungen. Doch auch damit können keine absolut verlässlichen Aussagen gemacht werden, weil oft besonders reichhaltige Stellen, sogenannte sweet spots, als allgemeine Basis für Berechnungen genommen werden.[4]
Ressourcen versus Reserven
Ein weiterer Grund für die unterschiedlichen Annahmen ist, dass bei allen Angaben zunächst zwischen Ressourcen und Reserven unterschieden werden muss. Als Ressourcen wird die gesamte Menge eines bestimmten Rohstoffes in einem Gebiet bezeichnet, unabhängig von der Fördermöglichkeiten. Reserven hingegen sind Rohstoffe, die innerhalb der existierenden technologischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten gefördert werden können.[5] Diese technischen und ökonomischen Bedingungen können sich natürlich verändern. Durch einen anhaltenden Anstieg des weltweiten Energieverbrauchs bei gleichzeitiger Verknappung der Rohstoffe Öl und Gas und einem daher immer höheren Preis wird es lukrativ, bisher unangetastete Vorkommnisse zu fördern. Vorhandene Ressourcen werden zu Reserven. Genau das ist im Fall unkonventioneller Gasvorkommen passiert.
Verzögerte Erschöpfung
Diese Entwicklung schiebt die endgültige Erschöpfung fossiler Rohstoffe jedoch nur auf und verzögert gleichzeitig die Investitionen in erneuerbare Energien, wie Wind- und Solarkraft. Bereits jetzt überschreiten die anfallenden Produktionskosten manchmal die Verkaufspreise (siehe „Der Traum vom billigen Gas“, Seite 8), während die Folgeschäden für Umwelt und Menschen nicht von den Energiekon-zernen, sondern der Bevölkerung getragen werden.
[1] http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/2012_2016/2013_05_AS_18_Fracking.pdf?__blob=publicationFile
[2] http://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/04_Stellungnahmen/2012_2016/2013_05_AS_18_Fracking.pdf?__blob=publicationFile
[3] https://www.boell.de/sites/default/files/2013-10-schiefergas_1.pdf
[4] https://www.boell.de/sites/default/files/2013-10-schiefergas_1.pdf
[5] https://www.boell.de/sites/default/files/2013-10-schiefergas_1.pdf