VON RENÉ FREUND
Ausschlaggebend dafür mag die Idee der deutschen Grünen gewesen sein, bundesweit einen Veggie-Day einzuführen. In den fleischvertilgenden Nationen Deutschland und Österreichs hatte das einen ähnlich positiven Effekt, wie alle Jahre wieder zu verlangen, Treibstoff müsse teurer werden. Nun wissen wir eigentlich alle: Wir essen zu viel Fleisch und fahren zu viel Auto. Doch Blechross und Schweinsbraten sind die heiligen Kühe unserer Gesellschaft. Wenn man die ausgerechnet im Wahlkampf schlachten will, heißt es natürlich: Die Grünen wollen alles verbieten, was Spaß macht.
Ehrlich gesagt, ich habe auch gerne Spaß. Doch wo der Spaß des einen jenen des anderen beeinträchtigt, brauchen wir Regeln. Nicht lustig finde ich zum Beispiel die Diskriminierung von Frauen – Frauenquoten als Impuls für mehr Gleichberechtigung sind sinnvoll, das zeigt das skandinavische Beispiel. Manchmal hilft es aber auch, statt auf Regeln auf die Eigenverantwortung zu setzen: In einigen holländischen und mittlerweile auch deutschen Städten läuft seit Jahren der Versuch, alle Verkehrszeichen und Ampeln von Straßen zu entfernen. Die Erfahrungen lehrten: Keine Verbote sorgten für höhere Aufmerksamkeit, mehr Rücksichtnahme und weniger Unfälle.
Beim jetzt diskutierten Handyverbot an Schulen scheiden sich die Geister. Mein eigener auch: Ich weiß nicht, ob ich dafür bin oder nicht. Einerseits lenkt das Handy ab, verhindert echte Kommunikation, stört den Unterricht, fördert Suchtverhalten. Andererseits sehe ich bei meinen eigenen Kindern: Nach ein paar Monaten exzessiver Nutzung erlischt das Interesse am Handyspielen. Die Jugendlichen lernen den sinnvollen Umgang mit diesem durchaus praktischen Gerät von selbst. Würde ein Verbot diesen Lernprozess nicht verhindern?
Ja, es ist eine schwierige Sache mit den Verboten. Ich habe den Verdacht: Auch beim Reglementieren trifft es die Kleinen. Warum zum Beispiel sind die guten alten Glühbirnen verboten, nicht aber die Produktion von Waffen? Warum werden Sparbücher mit 25 % besteuert und Finanzspekulation gar nicht? Um dem Neo(s)liberalismus Einhalt zu gebieten, werden wir Verbote brauchen. Aber die richtigen, bitte: solche, die uns Freiheit bringen.
René Freund ist Schriftsteller in Grünau im Almtal. Zuletzt erschienen: „Stadt, Land und danke für das Boot – die besten Satiren aus meinem Leben“ (Picus Verlag) sowie „Liebe unter Fischen“ (Deuticke Verlag).