Hans Holzinger: „Sonne statt Atom“ Robert Jungk und die Debatten über die Zukunft der Energieversorgung seit den 1950er-Jahren bis heute.
„Die beste Energie ist jene, die zwischen den Menschen fließt. Sie kostet nichts und sie verursacht keinen Dreck!“ (Josef Kemptner, zit.n. Holzinger, S.116)

„Betroffene zu Beteiligten machen“ ist sicherlich eine der bekanntesten Aussagen Robert Jungks, welcher heuer seinen hundertsten Geburtstag gefeiert hätte. Diesen Anlass nutzte Hans Holzinger, um in einem kurzen, jedoch prägnanten Buch, zentrale Thesen Jungks zum Thema Atomenergie und solare Wende zusammenzufassen. Das Buch gibt aber auch einen tiefgehenden Einblick in Jungks Leben und Wirken und führt außerdem seine Gedanken ins 21. Jahrhundert.
„Die Zukunft habe bereits begonnen, aber sie könne, wenn rechtzeitig erkannt, verändert werden‘“ (36). Dieses Prinzip machte Jungk sich zur Lebensaufgabe - auf die Probleme und Gefahren seiner Zeit mit Nachdruck aufmerksam machen, mit der gleichzeitigen Feststellung, dass „die Zukunftsplanung und Zukunftsgestaltung nicht den Experten und Expertinnen überlassen werden darf, sondern uns alle angeht“ (15). Daraus entstand auch sein Konzept der Zukunftswerkstätten, in welchen Betroffene selbst über konkrete Handlungsmöglichkeiten diskutieren.
Die Gefahren der militärischen sowie friedlichen Atomenergienutzung waren ein zentrales und prägendes Thema für Jungk - in seinen Büchern, aber auch als eine der Gallionsfiguren in der Antiatombewegung. Hans Holzinger stellt deshalb Jungks vier Hauptwerke zur Atomfrage näher vor: „Die Zukunft hat schon begonnen“ (1952), „Heller als Tausend Sonnen“ (1956), „Strahlen aus der Asche“ (1958) und „Der Atomstaat“ (1977). Dieses Fundament nutzt er in den nächsten Kapiteln, um die historischen Entwicklungen von der Erfindung der Atombombe hin zu Fukushima, den Anti-Atom-Bewegungen Europas hin zur Energiewendedebatte und einen von Jungk erhofften Eintritt des Sonnenzeitalters zu diskutieren. Denn Robert Jungk war einer der stärksten Befürworter von Solarenergienutzung seiner Zeit, was ebenfalls in zahlreichen seiner Bücher Niederschlag fand.
Im letzten Kapitel denkt Holzinger Jungks Erkenntnisse vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschafts- und Klimakrise sowie den sich anbahnenden Ressourcenkonflikten weiter. Er prangert ganz in Tradition Jungks den globalisierten Konsumkapitalismus an und plädiert für einen Weg der Solarspargesellschaft sowie für eine längst überfällige, globale Umverteilung zwischen Nord und Süd. Seinen Zukunftsvorschlag fasst er in drei Thesen zusammen: „Wir brauchen Effizienzrevolutionen (gleiche Leistung mit bedeutend weniger Ressourcenverbrauch) und Konsistenzrevolutionen (der Natur angepasste Lösungen […]) [u]nd zugleich brauchen wir Suffizienzrevolutionen, also Begrenzungen und die Hinwendung zu einem ‚Genug‘“ (106).
„Wer die Zeitumstände verrücken will, wird als Verrückter hingestellt, ganz richtig! Er ist geistig schon dort hingerückt, wo die Geschichte erst morgen eintrifft.“ (R. Jungk, zit.n. Holzinger, S.24)
Hans Holzinger: Sonne statt Atom. Robert Jungk und die Debatten über die Zukunft der Energieversorgung von den 1950er-Jahren bis heute. Salzburg: JBZ-Verl., 2013. 130 S. ISBN 978-3-902876-17-1; Euro 8,-
Hans Holzinger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen in Salzburg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Nachhaltigkeit, neue Wohlstandsmodelle, Zukunft der Arbeit und sozialen Sicherung, globale Gerechtigkeit. Vortrags-, Publikations- und Seminartätigkeit; Lehrauftrag an der Universität Klagenfurt. Mitherausgeber der Zeitschrift "Pro Zukunft". 2012 erschien sein Buch „Neuer Wohlstand. Leben und Wirtschaften auf einem begrenzten Planeten.“
Hans Holzinger ist außerdem zu Gast bei der diesjährigen Grünen Sommerakademie in Goldegg, wo die Teilnehmer*innen die Möglichkeit haben an der Zukunftswerkstatt "100 Jahre Robert Jungk" teilzunehmen.