Alexander Van der Bellen ist es gelungen, bis tief hinein in konservative und ländliche Schichten als die bessere Alternative zu Norbert Hofer angesehen zu werden.
Das ist ein toller Erfolg, aber viele WählerInnen stimmen für Grün aus sozialen Motiven und sehen sich selbst als politisch links. Dass ausgerechnet die ArbeiterInnen nur zu 15% Van der Bellen gewählt haben, ist ein Problem für das Selbstverständnis einer Partei, die sich mehr als andere für Unterprivilegierte und sozial Schwächere einsetzt.
Aber da liegt schon der erste Denkfehler, weil „die Arbeiter" keineswegs durch einen Mangel an materiellen Ressourcen definiert werden können. In dieser Grünen Debatte geht es um die „Working Class“, die für den Brexit, für Trump und fast geschlossen gegen Van der Bellen gestimmt hat. Warum erreichen die Grünen - aber auch allgemein die Linken und Progressiven - die Arbeiter nicht (mehr)?
Unter anderem, weil sehr viele Menschen sich „diese Arbeit“ nicht für ihre eigenen Kinder vorstellen können, sagt Regina Petrik. Joachim Kovacs ist überzeugt davon, dass der direkte Kontakt, wie er ihn nun ein Jahr lang im intensiven Straßenwahlkampf erlebt hat, ein Türöffner sein kann. Die Rechtsprofessorin Joan C. Williams hat einen vielbeachteten Artikel darüber geschrieben, warum die „working class“ Trump gewählt hat. (Hier eine deutsche Version davon) Im Interview mit der Zeit beklagt der französische Philosoph und Soziologe Didier Eribon die Herrschaft der „extremen Mitte“ und ruft zu einer Rückbesinnung auf linke Politik auf.
Da unser Titelbild für diese Debatte zu einigen Nachfragen geführt hat, haben wir rechts daneben auch das Original aus dem Jahr 1919 eingebunden.