Bildungsreise 2012
So wird diese Schule für 10-14 jährige häufig bezeichnet – und ein Schulbesuch hat uns gezeigt: hier ist tatsächlich vieles anders. Die Klex ist jung: es gibt erst 2 Klassen. 4 Jahre hatte die Vorbereitungszeit gedauert, engagierte LehrerInnen und Eltern haben sie mit Unterstützung des Landesschulrates und der Pädagogischen Hochschule gegründet, sie ist eine Bundesschule und eine Expositur des Schulverbundes Klusemann: daher der Name Klex.
Als Realisierungschance für die neuesten lerntheoretischen Erkenntnisse ist daraus nun eine Ganztagsschule geworden – mit veränderter Zeitstruktur. Sie beginnt um 8.15 mit einer offenen Warmlaufphase von einer halben Stunde, anschließend wechseln sich Arbeits-, Ruhe-, Spiel- und Freizeitphasen in unterschiedlicher Dichtheit miteinander ab. Um 15.30 ist die Schule aus, Aufgaben gibt es keine, alle Lerninhalte werden in der Schule vermittelt und geübt. Es ist für die ganze Familie ein Gewinn: die Kinder haben danach wirklich Freizeit!
In der Praxis sieht das so aus: Es gibt keine 45 min Einheiten und keinen kontinuierlichen Fächerunterricht mehr. Den klassischen Frontalunterricht gibt es pro Fach nur mehr in zwei halben Stunden in der Woche, die Kinder erarbeiten sich an Hand von Arbeitsmaterialien in der restlichen Zeit den Stoff selbst. Wie sie dabei vorgehen, wann sie Pausen machen etc., das entscheiden die Kinder selbst. Die Arbeitsprogramme für einen vernetzten, fächerübergreifenden Unterricht in Mathematik, Englisch und Deutsch erstrecken sich durchgehend über mehrere Wochen, die Verschränkung von geistes- mit naturwissenschaftlichen Fächern gehört zu den Grundprinzipien der Schule. Lernzielkontrollen vermitteln in diesem Zeitraum immer wieder, woran noch gearbeitet werden muss. Schularbeiten verlieren so ihren Schrecken, man weiß ohnehin, wo man steht und kann sich vorher besser darauf vorbereiten. Klar ist, dass die Hauptarbeit der Lehrenden im der Vorbereitung der Unterrichtsmaterialien liegt und nicht im Vortragen. Und einleuchtend ist, dass ein Inhalte, die selbst erarbeitet werden, besser verstanden und behalten werden. Wir kennen das alle aus unserer eigenen Schulzeit: Zuhören im Unterricht hieß manchmal auch wegträumen oder nur halb hören, dabei ging vieles verloren.
Offenes Lernen in der Klex: das war für die meisten von uns ungewohnt und etwas unübersichtlich - überall sind die Kinder verstreut und arbeiten vor sich hin, Lehrende werden manchmal aufgesucht, aber erstaunlich wenig gebraucht, es scheinen alle zu wissen, was sie zu tun haben.
Unsere große Gruppe von interessierten BesucherInnnen war jedenfalls von der Atmosphäre in der Schule begeistert: vor allem die Ruhe und die Konzentration und die offensichtliche Lust, mit der die Kinder in 2-er Gruppen selbstständig arbeiten, haben uns beeindruckt.
Neben dem Kompetenztraining im kognitiven Bereich wird auch großer Wert auf die Entfaltung von musischen, handwerklichen, sozialen und sportlichen Fähigkeiten gelegt. Eine Fülle von Projekten und Aktivitäten ergänzen lustvoll und erkenntnisreich die konzentrierten Lernphasen. Dabei kann die Schule ihre zentrale Lage in der Stadt nutzen, und die ganze Stadt mit einbeziehen. Und sie tut es auch, die Auflistung der laufenden und abgeschlossenen Projekte auf der Website der Schule ist beeindruckend: http://www.klex.co.at/index.html
Ansteckend war auch die Begeisterung der LehrerInnen, die zusammen mit engagierten Eltern für dieser Schule über den Unterricht hinaus sehr viel Einsatz zeigen: etwas in der Organisation einer kompletten Küche für den Mittagstisch, vieles ist ja erst im Aufbau.
Freilich meinen manche: die Klex hat es doch leichter: eine Mini-Schule, da sie (erst) 2 Klassen hat, kleine LehreInnenteams mit einem hohen Stundenausmaß, supermotivierte Eltern aus einer homogenen Bildungsschicht, die in das Schulleben miteingebunden werden. Und es gibt nur sehr wenige Kinder mit einem Migrationshintergrund oder aus eher bildungsfernen Schichten. Das mag ja auch stimmen und sicher die Arbeit für die Schule erleichtern.
Dennoch bekommen wir bei unserem Besuch einen Eindruck davon, wie eine Schule unter günstigen Bedingungen funktionieren kann. Und wie lustvoll und begeisternd Lernen und Lehren sein kann und was alles vielleicht auch woanders möglich und sinnvoll wäre. Auch unter weniger guten Bedingungen.