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Das grüne Wien

Wien hat Zukunft. Doch kann diese nur genutzt werden, wenn die Potentiale der Vergangenheit erkannt und für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts genutzt werden.

Wien liegt im Zentrum Europas. Wien war Jahrhunderte hindurch eine Stadt des Sich-Aufhaltens und Durchreisens, der Zu- und Abwanderung, eine Stadt der Begegnung. Aus dieser Vielfalt hat Wien immer wieder die Kreativität und Energie geschöpft, Pionierleistungen zu vollbringen.

Das multikulturelle Wien am Ende des 19. Jahrhunderts hat unsere Stadt weltberühmt gemacht. Mit Siegmund Freud, Arnold Schönberg und Otto Wagner hat Wien Kunst und Wissenschaft auf der ganzen Welt inspiriert.
Und in den 1920er Jahren schuf die Arbeiterbewegung mit dem Roten Wien ein einzigartiges Projekt der sozialen Integration. Eine Vielzahl von Experimenten – im Wohnbau, in der Schule, durch Gesundheitsversorgung und Sozialhilfe – machte aus ArbeiterInnen BürgerInnen. Nicht als Zuagraste oder Tschuschen, sondern als ArbeiterInnen von Wien schufen sie den Wohlstand, von dem wir WienerInnen – die Wehselys, Prohaskas und Vilimskys – bis heute zehren.

Allerdings nicht mehr lange – denn die Sozialdemokratie ist dabei, dieses Erbe zu verspielen. Die Wirtschaftskrise zeigt die längst vorhandenen Risse im Gefüge: Ungleichheit, Arbeitslosigkeit und Armut nehmen zu, Post, Öffis und Gemeindewohnungen werden verscherbelt und in Sachen Klimaschutz wird verantwortungslose Hinhaltetaktik betrieben.

Eine unsichere Situation – und die Demagogen stehen wieder einmal parat, diese Unsicherheit zu nutzen. Sie beschwören die Geister der Vergangenheit und schüren jenes „Volksempfinden“, das in Ausgrenzung und Barbarei mündet. Sie spalten unsere Gesellschaft – und das löst keines unserer Probleme: weder Wirtschaftskrise noch Klimawandel, weder Armut noch Energieknappheit.

Wien ist eine großartige Stadt, und wir alle sind gefordert, ihren Reichtum und ihre Vielfalt für eine neue Pionierleistung, für einen neuen Aufbruch zu nutzen:

Im Grünen Wien fördern wir Engagement, Kreativität und Solidarität – und entwickeln damit die Demokratie in dieser Stadt weiter. Rathaus, Magistrat und öffentliche Mittel werden in den Dienst der Bevölkerung gestellt. Arena und Wagenplatz, Gemeinschaftsgärten und Pankahyttn sind der Stadt nicht länger Dorn im Auge, sondern Freiräume für Selbstorganisation und alternative Lebensgestaltung. Und gemeinsam schaffen wir konkrete Ideen und Projekte, um solidarische und ökologische Alternativen auszuprobieren.

Das Grüne Wien nimmt die schöpferische Kraft jenes Wien um 1900 auf und nutzt sie für das neue Jahrtausend. Das innovative, weltoffene Wien von heute ist kein Freiluftmuseum, sondern lebt: von Dragana, die ein Designstudio in Soho-Ottakring eröffnet, Karin, die in einer zweisprachigen Schule unterrichtet, und Kevin, dem Experten für Solarenergie.

Das Grüne Wien greift die Vision der Arbeiterbewegung auf und führt sie ins 21. Jahrhundert: Alle, nicht nur die Besitzenden, werden in dieser Stadt ein gutes Leben haben – ohne ständige Angst vor dem sozialen Abstieg, mit guten Schulen, Spitälern und Altersheimen, gratis Schwimmbädern und Öffis und einem Mindestlohn, von dem man leben kann. Und die, die mehr als genug haben, leisten ihren Beitrag für den sozialen Zusammenhalt – wie einst in den 1920er Jahren.

Platz für alle heißt im Grünen Wien aber auch, ökologisch kreativ zu sein: Wärmedämmung spart Geld und Gas, und so können sich auch alle die Heizung leisten. Biobauern aus dem Umland versorgen Wien mit gesunden Lebensmitteln – und das transportsparend. Statt Lobauautobahnen zu bauen, stecken wir das Geld in Bim und Bus. Kinder fahren mit dem Fahrrad in die Schule, alte Menschen gehen gern spazieren, beim Einkaufsbummel und im Schanigarten genießen wir die Stadt. Wien hat kein Feinstaubproblem mehr und im Sommer können wir bei offenem Fenster schlafen.

Um den Weg in die Zukunft auszumachen, brauchen wir einen großen Horizont: Die Neugier der Spitzenforscherin an der Universität, das Engagement der Kindergärtnerin und die Genauigkeit des Maurers sind die Quelle des Reichtums unserer Stadt. Alle verdienen Respekt – und wir alle werden gebraucht: unsere ganze Klugheit, unser volles Engagement und offene Herzen, um die Zukunft anders, besser zu gestalten.

Wir WienerInnen sind nicht nur für unsere Tendenz zum Raunzen und Motschkern bekannt, sondern auch für die Fähigkeit, aus dem gelassenen „Schau ma mal“ Kraft für schwierige Situationen zu schöpfen: Ziehen wir die Ellbogen ein und krempeln wir die Ärmel hoch. Suchen wir gemeinsam kreative Lösungen gegen Klimawandel, Massenarbeitslosigkeit und Schulmisere.Machen wir Wien im 21. Jahrhundert zu einer lebendigen und lebenswerten Stadt für alle. Machen wir Wien grün – und zwar jetzt! Schön, in Wien zu sein.

Silvia Nossek war von 2009 bis 2012 Landesspecherin der Wiener Grünen. Sie hat federführend diese Vision vom Grünen Wien entwickelt.