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Früher war hier das Ende der Welt

Interview mit Autor Florian Klenk

Redaktion: Wolfgang Kühn.
Bors-Villa Neudörfl, 30.03.2012.

Florian Klenk ist einer, der “dort dran bleibt, wo andere lieber wegschauen und bestenfalls in liberalen Unverbindlichkeiten verharren”. Journalist, Jurist, stellvertretender Chefredakteur und Politikchef der Wiener Stadtzeitung Falter. Mehrfach ausgezeichnet, sind seine investigativen Reportagen vor einem Jahr in Buchform erschienen. “Früher war hier das Ende der Welt” umfasst Berichte über die Wartenden an der Schengengrenze, über die Opfer von Frauenhandel oder von Spielsucht, über ausländerfreie Kärntner Gemeinden oder über die Methoden verdeckter Drogenermittler und zeigt nicht nur ein Bild unserer Gesellschaft, sondern fordert auch zur Korrektur dieser Gesellschaft auf. Ohne moralisierenden Ton und ohne erhobenen Zeigefinger, nüchtern und unprätentiös, aber immer hart am Thema.

“Früher war hier das Ende der Welt”: Reportagen © Paul Zsolnay Verlag Wien 2011.

Bereits während der Lesung zeigte sich Klenk sehr interessiert am Austausch mit seinem Publikum. Er antwortete nicht nur offensichtlich gerne auf Zwischenfragen, sondern forderte die Zuhörerinnen und Zuhörer auch immer wieder aktiv zur Teilnahme am Diskurs auf. Im Anschluss stand er der Grünen Bildungswerkstatt für ein Interview zur Verfügung. Das inhaltlich-intensive und sehr persönliche Gespräch führte Planet-Redakteur Wolfgang Kühn.

Planet: Herr Klenk, was ist Ihre Vision für die Entwicklung des Journalismus in Österreich?

Florian Klenk: Mir geht es um eine Renaissance der Sozialreportage. Die Sozialreportage ist in den letzten Jahren zum Sozialporno verkommen. Auch wenn man sich die entsprechenden Formate im Fernsehen ansieht. Das ist eine aufgesetzte Inszenierung, durch welche die Gesellschaft lächerlich gemacht wird. Ich versuche, der Gesellschaft etwas über sich selbst zu erzählen. Es geht darum, wie es Klaus Gatterer so schön gesagt hat, „den Alltag zu enthüllen“. Die Bordelle, die Flüchtlingsheime, die Gefängnisse, die alltägliche Gerichtsprozesse.Dadurch möchte ich etwas über Österreich erzählen. Das Leitmotiv in meinem Buch sind die Grenzen. Reale Grenzen, die unser Land abgrenzen gegenüber dem „Osten“, gegenüber den nicht so wohlhabenden, aber auch ethische Grenzen, rote Linien die überschritten und verletzt werden. Grenzen die man vielleicht auch neu ziehen muss.

Planet: Wie geht es einem als Journalist, wenn man auf der einen Seite mit manchen Geschichten Erfolg hat, tatsächlich sieht, dass man etwas bewegen kann, auf der anderen Seite aber oft auch einfach nichts passiert. Erleben Sie so etwas als persönliches Versagen?

Florian Klenk: Kein Journalist darf davon ausgehen, dass das, was er schreibt, eine unmittelbare Wirkung hat und unmittelbar zu Reformen führt. Wenn das funktionieren würde, dann hätte es keinen 2. Weltkrieg geben dürfen. Einige Journalisten haben damals die Entwicklung in einer erschreckenden Präzision vorhergesehen. Journalismus kann also nicht danach gemessen werden, was wir tatsächlich verändern.
Was wir tun ist, die Gegenwart zu beschreiben. Ein Journal zu führen. Journalismus ist das Führen eines Tagebuches über die Gesellschaft. Möglichst präzise und akribisch. Natürlich hat man dabei den Hintergedanken, dass das Geschriebene die Gesellschaft reformieren kann, dass man mit den Artikeln Leute trifft, welche die Macht haben Reformen einzuleiten. Insofern ist investigativer Journalismus auch Reformjournalismus.

Planet: Sie haben während des „Tierschützerprozesses“, der ja lange Zeit die österreichischen Medien dominiert hat, sehr differenziert Stellung bezogen und klar dem „Mainstream“ widersprochen. Wie haben Sie den Prozess gesehen?

Florian Klenk: Ich habe den Umstand, dass die Polizei gegen die Tierschützer ermittelt hat, nicht als Skandal angesehen. Weil die Vorwürfe, die im Raum standen, sehr schwerwiegender Art waren. Es wurden Leute gestalked, es gab Sachbeschädigungen, es wurden Firmen wie von der Mafia gezwungen ihre Geschäftspraktiken zu ändern. Interessanter Weise waren viele der Opfer Frauen. Man hat Extremisten nach Österreich eingeladen, die an Brandanschlägen beteiligt waren. Ich habe die Meinung vertreten, dass die Polizei das Recht hat, das zu klären. Auch im Interesse der Geschädigten.?....

 

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